Bujinkan Wakagi Dojo Nürnberg

Die 9 Ryu des Bujinkan

(Es gibt bereits sehr viel Literatur über die Geschichte des Bujinkan. Da ich das Rad nicht neu erfinden will, gebe ich hier lediglich eine knappe Zusammenfassung über die einzelnen Schulen. Ich erhebe keinerlei Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit.)

Togakure Ryu

Ninpo Taijutsu (Ninjutsu)
(Schule der verborgenen Türe)

Gegründet von Togakure Daisuke (auch bekannt als Nishina, geb. 1165), der nach einer verlorenen Schlacht um 1180 quer durch Japan bis in das Dorf Togakure (Togakushi Dorf) floh. Dort war bereits früher von Mönchen ein Tempel der Shugendo-Sekte des Buddhismus gegründet worden. In diesem Dorf studierte er bei der Shugendo-Sekte und lernte Ninjutsu unter Kamakure Doshi, der ein Ninja des Hakuun Ryu war. Außer Daisuke unterrichtete Kamakure Doshi auch noch Shima Minamoto, welcher der zweite Sôke der Togakure Ryu war.

Hatsumi Sôke (geboren 1931) wurde von Takamatsu Toshitsugu (1887-1972) zum 34. Sôke der Togakure Ryu bestimmt.

Die geistigen Hauptlehren des Togakure Ryu sind:

Die Techniken und Geschicke des Togakure Ryu hatten einen großen Einfluß auf die Ninjaschulen von Iga und Koga.

Gyokko Ryu

(Schule des Juwelentigers)
Kosshijutsu

Cho Gyokko und Yo Gyokko verließen während der Tang-Dynastie ihr Heimatland China, wo ständig Krieg herrschte, und gingen nach Japan. Sie brachten die Anfänge der Gyokko Ryu mit sich. Es gibt zwei Versionen, über den Ursprung: Die eine besagt, dass die ursprünglichen Techniken dieser Schule von einer Prinzessin des chinesischen Kaiserhofes entwickelt wurden. Diese Art zu kämpfen benutzte schnelle Körperbewegungen und griff besondere Ziele (Angriffe auf spezielle Punkte an den Muskeln – Koshijutsu – unter Einsatz von Daumen und Fingern – Shitojutsu) am menschlichen Körper an. Eine andere Version besagt, dass ein sehr klein und zierlich gebauter Wächter am chinesischen Hof die Techniken auf seine Größe zugeschnitten hat.

Aus der Gyokko Ryu entsprangen im Laufe des 16. Jahrhunderts unter anderem folgende Schulen: Gikan Ryu, Gyokko Ryu und Koto Ryu.

Ein Sinnspruch aus der Gyokko Ryu:

„Bushigokoro wo motte totoshi no nasu – Das Herz des Kriegers ist kostbar und grundlegend.“

Hatsumi Sôke ist der 28. Sôke dieser Ryu.

Kukishinden Ryu

(Schule von der Überlieferung der neun göttlichen Dämonen)
Happo Hikenjutsu

Die Ursprünge der Kukishinden Ryu sollen aus China und den Ländern jenseits Chinas stammen und weit zurück bis in die Kamakura-Ära (um 1180) reichen. Die „Kuki“ des Kukishinden wurden vom japanischen Kaiser Go-Daigo (1319-39) ins Leben gerufen. Go-Daigo wird nachgesagt, er sei einer der gfößten Schwertschmiede Japans gewesen. Er gab den Namen dem Familienbegründer Yasushimaru Takazane, welcher zusammen mit einem anderen Samurai namens Kagoshima dem Kaiser half, den Thron wieder zu erringen. Die „Kuki“ sollen wie „neun Dämonen“ gekämpft haben.

Eine der Waffen in der Kukishinden Ryu ist das Bisento. Es ist dem Naginata (welches mehr zum Schneiden genutzt wird) sehr ähnlich, jedoch wesentlich größer und schwerer und wurde eher zum Rammen und Fällen genutzt. Die Klinge am Ende des Stabes war fast ein Meter lang. Diese Waffe war sehr gut geeignet, auf dem Schlachtfeld die Rüstungen des Gegners zu zerschlagen oder die Schlachtrösser niederzustrecken. Allerdings war aufgrund der Größe und des Gewichts zur Handhabung sehr viel Körperdrehung und Fußarbeit nötig.

Auch den Seeleuten wurde diese Ryu zum Schutz vor Piraten gelehrt, da die Mitglieder aus dem küstenreichen Gebiet von Kumano sehr großen Bezug zur Seefahrt hatten.

Man sollte diese Ryu nicht mit der Kukishin Ryu der Familie Kuki verwechseln. Dies ist ein anderer Stil, der jedoch viele Ähnlichkeiten mit der Kukishinden Ryu hat. Möglicherweise waren sie zu einer bestimmten Zeit einmal miteinander verbunden, heute jedoch sind sie vollständig getrennt. Ueshiba Morihei, der Gründer des Aikido, studierte einst Kukishin Ryu Happo Hikenjutsu bei der Kuki-Familie.

Hatsumi Sôke ist das 28. Oberhaupt dieser Ryu

Shindenfudo Ryu

(Schule des unverrückbaren Herzens)
Dakentaijutsu

Die Schule wurde von Izumo Kanja Yoshiteru in der Eikyu-Ära gegründet. Izumo Kanja soll auch der Begründer der Kukishinden Ryu Happo Hikenjutsu sein.

Die Shindenfudo Ryu war die erste Schule, die Takamatsu Toshitsugu von seinem Großvater Toda Shinryuken Masamitsu erlernte. Toda hatte ein Dôjô in Kobe, über dessen Eingang „Shindenfodo Ryu Jutaijutsu“ stand. In dieserm Dôjô gab es Verhaltensregeln, die von allen Schülern zu beachten waren:

  1. Du musst wissen, dass Geduld nur eine kurze Zeit anhält.
  2. Du musst wissen, dass der Weg, den du gehen mußt, der Weg der Rechtschaffenheit ist.
  3. Vergiß deine großen Wunschvorstellungen, deine Leichtfertigkeit und deine Selbstsucht.
  4. Trauer und Schicksal (Gefühle, die Rache erzeugen) gehören zu den Regeln der Natur.
  5. Frieden im Herzen wirst du nur erreichen, indem du das unbewegliche Herz (Shindenfudo) verstehst. Dann kannst du verstehen, dass du es bist, der auf Trauer und Schicksal mit Rachegefühlen reagiert.
  6. Konzentriere dich auf die Treue (und übe dich darin), sei folgsam und ehre deine Eltern. Studiere alle Aspekte des Bushidô und übe dich in ihnen. Vereine alles auf denem Weg und gehe den Weg des Bushi (im Geiste des Bushidô).

(Toda Shinryuken Masamitsu)

Der geheime Grundsatz der Shindenfudo Ryu ist das „Prinzip der Natur“. Die Shindenfudo Ryu teilt sich in zwei Hälften auf und zwar in das Dakentaijutsu und in das Jutaijutsu. Im Dakentaijutsu gibt es keine Kamae (Stellungen), diese finden sich ausschließlich im Jutaijutsu.

Takenaka Tetsunoke, ein Seniorschüler von Jigano Kano, dem Gründer des Judo, soll einmal Schüler am Shindenfudo Ryu Dôjô gewesen sein.

Kuki Takei von der Kuki-Familie des Kukishin Ryu lernte auch einst diese Schule.

Hatsumi ist der 26. Sôke dieser Ryu.

Gyokushin Ryu

(Schule des Juwelenherzens)
Ninpo

Es gibt im Westen nur wenig Wissen über diese Ryu, da Hatsumi Sôke noch nicht viel darüber gesprochen hat. Außer Hatsumi Sôke erhebt noch jemand den Anspruch, das Oberhaupt dieser Ryu zu sein: Ueno Takashi, der wie Hatsumi ein ehemaliger Schüler Takamatsus ist.

Diese Schule konzentriert sich mehr auf die Spionageseite des Ninjutsu als auf die Kampftechniken. Allerdings sollen Techniken mit Seil und Lasso ebenso wie Sutemi-Würfe zum Einsatz kommen.

Hatsumi ist der 21. Sôke der Gyokushin Ryu.

Koto Ryu

(Den-Tiger-niederschlagen–Schule)
Koppojutsu

Typische Bewegungen der Koto Ryu sind Yoko Aruki (seitlich über Kreuz gehen) und Toki (Stampftritte auf die Zehen). Charakteristisch sind auch die kurzen Distanzen und harten Schläge auf Knochen und Gelenke (Koppojutsu – die Kunst des Knochenzerstörens).

Ein Spruch in der Koto Ryu lautet:

„Die Augen sind alles.“ – den Gegner nicht die eigene Absicht in den Augen erkennen lassen, immer die Augenbrauen des Gegners beobachten.

Bemerkenswert ist die Handhabung des Schwertes in der Koto Ryu: Die Fußstellung (rechts oder links vorne) sowie die Handhaltung am Griff (rechte oder linke Hand oben) sollten den Gegner glauben lassen, dass sein Gegenüber nicht viel Ahnung von der Schwertkunst hat.

Masaaki Hatsumi ist der 18. Sôke dieser Ryu.

Gikan Ryu

(Schule der Wahrheit, Treue und Gerechtigkeit)
Koppojutsu

Man sagt, dass der Faustschlag von Gikanbo (dem Gründer des Gikan Ryu in der Yeiroku-Ära, 1558-1570) so stark war, dass er einmal eine Schwertklinge in zwei Teile zerschlagen hat.

Der aus der Keio-Ära (1865-1868) stammende Sôke Uryu Gikan traf einst Ishitani Takeoi Masatsugu vom Kukishinden Ryu. Er nahm damals an der Schlacht „Tenchigumi no Ran“ teil. Diese Schlacht fand am 17. August 1863 statt. Gikan kämpfte auf der Seite der Kaisertreuen. Nach einer schweren Verletzung zog er sich in einen nahegelegenen Tempel zurück, wo er Ishitani traf, der ihm sagte, dass die Schlacht beendet sei. Nachdem Ishitani ihn gesund gepflegt hatte, ermöglichte er ihm die Flucht in die Iga-Provinz. Aufgrund der daraus entstandenen tiefen Freundschaft lehrte Gikan Ishitani die Gikan Ryu. Ishitani wurde später auch Sôke dieser Schule und fügte sie zu den zwei anderen Schulen, Kukishinden Ryu und Hon Tai Takagi Yoshin Ryu, in denen er ebenfalls Sôke war, hinzu.

Die Gikan Ryu enthält viele Fußtritte, Faustschläge und Würfe (Koppojutsu: Kunst des Knochenbrechens). Eine besondere Lehre dieser Ryu lautet „Bufu ni sente nashi – von dieser Seite kommt nicht der erste Schlag“. Die dynamische Fußarbeit der Gikan Ryu ist innerhalb des Bujinkan weit verbreitet.

In der Makimono (Schriftrolle) der Gikan Ryu sind nur die Namen der Techniken aufgezeichnet, weitere Beschreibungen fehlen. Die Techniken wurden immer von Meister zu Schüler weitergegeben. So sollte die Lehre geheimgehalten werden, falls die Rolle gestohlen werden sollte.

Ursprünglich gab Takamatsu Sensei die Gikan Ryu an seinen besten Freund und Seniorschüler Akimoto Fumio weiter. Akimoto starb jedoch sehr früh an einer Krankheit und hinterließ keinen Nachfolger. Deshalb kam sie wieder an Takamatsu zurück, der sie dann an Hatsumi weitergab der nun der 18. Sôke ist.

Takagi Yoshin Ryu

(hoher Baum – erhabenes Herz – Schule)
Jutaijutsu

Der Ursprung dieser Ryu-ha reicht in die Yeiroku-Ära (1568-79) zurück. Zu dieser Zeit lebte am Funagata Yama in Miyagi ein Bergpriester aus der Abe-Familie, der Unryu (Wolkendrache) genannt wurde. Er war Experte in der Handhabung der Shuriken, des Bojutsu und des Taijutsu der „Amatsu Tatara Rinpo Hiden Makimono“. Unryu unterrichtete Ito Ki-i (Ito Sukesada) in seinem Yarijutsu-System, das er „Sessho Hiden no Jutsu“ nannte.

Ito Sukesada war ein Samurai von Katakura Kojuro in der Fukishima-Provinz. Er gab die Techniken, welche der Ausgangspunkt für die spätere Takagi Yoshin Ryu waren, Takagi Oriuemon Shigenobu, einem jungen Samurai aus Tohoku-Shiraishi Han. Zu Beginn seiner Ausbildung war Shigenobu 16 Jahre alt. Mit gerade mal 20 Jahren wurde ihm das Mankyo Kaiden verliehen. Nachdem eines Tages Shineobus Vater überfallen und getötet worden war, änderte der bis dahin Umon heißende seinen Namen in Shineobu und rächte seines Vaters Tod. Er erinnerte sich an eine Empfehlung seines Vaters: „Eine Weide ist biegsam, aber ein hoger Baum ist zerbrechlich“.

Shingenobu überarbeitete die gelernten Techniken, fasste sie zusammen und nannte sie „Takagi Yoshin Ryu“.

Die Takagi Yoshin Ryu wendet Techniken an, die es fast unmöglich machen sollen, druch Rollen oder Fallenlassen zu entgehen. Dieser Stil des Jujutsu entstand in Gebäuden, während andere Kampfkünste im Freien entwickelt wurden. Daher wird der Gegner geworfen, gehebelt oder dicht am Körper festgenagelt, nicht wie bei anderen Kampfkünsten, die ihre Gegner weit von sich schleudern. Man wird darin unterrichtet, das Gewicht des Gegners und seinen Impuls gegen ihn zu verwenden. Im Takagi Yoshin Ryu sieht man zu den Augen und nutzt ein großes Tempo.

Hatsumi Sôke ist das 17. Oberhaupt der Takagi Yoshin Ryu

Kumogakure Ryu

(In den Wolken versteckte Schule)
Ninpo

Das Taijutsu der Komogakure Ryu ähnelt dem der Togakure Ryu sehr stark.

Eine spezielle Waffe der Kumogakure Ryu ist das Kamayari (Hakenspeer), das ursprünglich zum Entern von Schiffen entworfen worden war. Auch gegen Schwertangriffe wurde das Kamayari eingesetzt, wobei der Haken hier nach dem selben Prinzip wie bei der Jutte genutzt wurde, um Schwerter zu fangen und diese zu kontrollieren. Der Speer wurde gewöhnlich in die Kleidung des Gegners eingehakt oder sichelte die Beine. Befand sich ein Ninja z. B. mit einem Kamayari auf einem Baum über dem Gegner, so konnte er die Klinge hinter ihm herablassen und durch einen ruckartigen Aufwärtszug das Genick des Gegners brechen.
Gegründet wurde diese Ryu-ha von Heinaizaemon Ienaga Iga. Hatsumi Sôke ist das 14. Oberhaupt dieser Ryu-ha.